Furchtbar waren die Folgen des alliierten Bombardements auf Dresden Ende des Zweiten Weltkriegs: 90 Prozent des Stadtkerns fielen in Schutt und Asche. Eine der wenigen authentischen Stätten aus der Zeit des Barock, die die Katastrophe „überlebt“ hatten und noch  im authentischen Zustand erhalten sind, verbindet sich eng mit der Vita Caspar Davids Friedrichs, dessen 250. Geburtstag zurzeit in Dresden mit vielerlei Attraktionen und Aktionen gefeiert wird: das Kügelgen-Haus.

„Hier war Caspar David Friedrich mehrfach zu Gast“, erzählt Dr. Romy Donath, die Direktorin des Museums der Dresdner Romantik, das hier untergebracht ist. Gerhard von Kügelgen, der Namensgeber dieses Hauses, war ein berühmter Porträtmaler, Zeitgenosse und Freund „CDFs“ (wie Caspar David Friedrich in Dresden liebevoll genannt wird) und lehrte auch an der Dresdner Kunstakademie: „Vermutlich hat Friedrich die Ölmalerei erst bei ihm gelernt“, erzählt Romy Donath unter der herrlichen barocken Emblemata-Decke aus der „vorromantischen“ Zeit mit vielen Symbolen und lateinischen Sprüchen, unter der auch schon CDF gesessen ist.

Detail der herrlichen Kasserrendecke im Kügelgen-Haus in Dresden.

Aber nicht nur er. Auch der große (und fast unvermeidliche) Johann Wolfgang von Goethe weilte hier. Carl Maria von Weber der Romantik-Superstar der Musik (und Komponist des „Freischütz“) spielte dort auf dem Flügel, Friedrich Schiller, der auf Einladung seines Freundes Christian Gottlieb Körner in Dresden Teile seines „Don Karlos“ schrieb, war hier ebenso zu Gast wie dessen Schriftsteller-Kollege und  Shakespaere-Übersetzer Ludwig Tieck.

Dr. Romy Donath ist die kompetente Leiterin des Museums der Dresdner Romantik im Kügelgen-Haus. Im Hintergrund schaut ihr Caspar David Friedrich über die Schulter.

Man kann also mit Fug und Recht sagen: Das Kügelgen-Haus war ein Treffpunkt der Genies. Und dem trägt auch die Gestaltung der einzelnen Räume Rechnung. Dort kann man nachvollziehen, wer hier alles aus- und einging.

Den Hausherren ereilte indes ein überaus tragisches Schicksal: Am 27. März 1820 wurde er auf dem Heimweg von seinem Weinberg in Loschwitz von Johann Gottfried Kaltofen, einem verarmten ehemaligen Soldaten, der schon zuvor den Tischlergesellen Gottlob Leberecht Winter umgebracht hatte, „brutalst erschlagen“ (so Romy Donath). Laut der Museumsdirektorin kam auch sein Freund Caspar David Friedrich nie über diesen Raubmord hinweg. Davon zeugt auch eines seiner berührendsten Werke: „Kügelgens Grab“, das CDF schon im Jahr nach dem Mord an seinem Freund begann, ist zurzeit in der großen Jubiläumsausstellung „Caspar David Friedrich. Wo alles begann“ in der Dresdner Albertina zu sehen.

Zurzeit in der Dresdner Albertina: Caspar David Friedrichs Eindrücke von „Kügelgens Grab“  auf dem Alten Katholischen Friedhof in Dresden (entstanden 1821/22).

Doch nicht nur wegen der großen Männer der Romantik lohnt ein Besuch dieses Museums . Die wurden und werden ja ohnehin in Dresden und auch anderswo ausgiebig gewürdigt. Die aktuelle Sonderausstellung widmet sich bis zum 16. März 2025 unter dem Motto „Wiederentdeckt“ nämlich Dresdner Malerinnen der Romantik. Viele der zwölf Künstlerinnen, die hier präsentiert werden, nahmen nämlich bei Gerhard von Kügelgen Unterricht, dessen Atelier in dessen Räumen ebenfalls nach einem zeitgenössischen Gemälde einfühlsam restauriert wurde.

„Sie hatten viel stärkeren Einfluss auf das gesellschaftliche Leben Dresdens als bisher angenommen“, unterstreicht Romy Donath. Aber dennoch nahm die breite Öffentlichkeit von ihnen kaum Notiz: „Man hat angezweifelt, dass Frauen überhaupt imstande seien zu malen. Daher durften sie laut dieser Denke nur kopieren. Man traute ihnen nicht zu, etwas eigenes hervorzubringen.“

Mehr als nur eine Kopie: Therese aus dem Winckels (1779 – 1867) Version von „Genoveva in der Waldeinsamkeit“ (Original von Ludwig Richter).

Caroline Bardua, die Tochter eines Kammerdieners am Hof von Ballenstedt im Harz, die in Kügelgens Haushalt lebte, wurde ob ihrer Selbständigkeit  zum Beispiel als „Hexe vom Brocken“ verspottet. Heute sind ihre Porträts von Caspar David Friedrich und Carl Maria von Weber berühmt.

Großartige Werke entstanden in dieser Zeit, die aber (wie Romy Donath weiß) „noch weitgehend in Depots schlummern“. Für diese Ausstellung wurden viele aus dem Reich des Vergessenwordenseins befreit. Was oft gar nicht so einfach war: Viele dieser Bilder sind nämlich gar nicht signiert. Aber sehenswert auf jeden Fall.

Die „Sommerliche Landschaft mit Fachwerkhaus“ von Johanna Marianne Freystein (1760 – 1807).

Das Dresdener Romantik-Erlebnis komplett machte bei meinem Besuch an dieser eindrucksvollen Stätte Angelika Grundwald. Sie  hatte nämlich die typische Mode jener Epoche angelegt: „Die wurde von lässiger Eleganz geprägt und sollte die neue Zeit nach der Französischen Revolution ausdrücken.“ Als Vorbild dienten dabei antike Darstellungen und Skulpturen, die man nachahmte.

Angelika Grunwald zeigt die Mode aus Caspar David Friedrichs Zeiten.

Für die Frauen bedeutete diese Mode auch ein Stück neue Freiheit: „Die Kleider bestanden aus alltagstauglichen Stoffen, und da die Korsetts wegfielen, konnten sie endlich wieder aufatmen.“ Unter der Taille fiel das (meist kurzärmelige) Kleid locker nach unten, und oft trug man hautfarbeneTrikots drunter, weil das Gewand nicht selten aus durchsichtigem Stoff geschneidert wurde  Gegen die Kälte legten man einen „Shawl“ (wie man damals schrieb) als Jacke um sich, und wenn die Temperaturen noch tiefer sanken, kamen Cape und Kapuze dazu. Für Taschentücher und Fächer war natürlich ein kleines Täschchen unverzichtbar. Da man in jener Epoche großen Wert darauf legte, im Gegensatz zum arbeitenden Volk auf dem Lande keinen braunen Teint zu bekommen, setze man einen Hut auf, der zudem auch an den Seiten gut gegen Wind schützte. Ein Schirm sollte einen ebenfalls vor der Sonne bewahren (den konnte man zudem bei Nervosität – oder wenn man Gefallen am Gegenüber fand) charmant in der Hand drehen) – und nur das, denn bei Regen „beschirmten“ einen ja die Herren….

Wer Lust hat, in die Zeit vor 200 Jahren einzutauchen, kann also  in diesem Museum gewiss vergnügliche Stunden verbringen.

INFOS

Das Museum der Dresdner Romantik im Kügelgen-Haus in der Hauptstraße 13 in Dresden ist mittwochs bis freitags von 10 bis 17 und samstags und sonntags von 12 bis 17 Uhr geöffnet. Die Sonderausstellung „Wiederentdeckt – Malerinnen der Dresdner Romantik“ läuft noch bis zum 16. März 2025. Nähere Infos findet ihr HIER.

Touristische Informationen zur Region gibt es bei

Dresden Marketing

Tourismus Marketing Sachsen

Tourismusverband Sächsische Schweiz

(einfach anklicken)

Und hier die anderen Folgen meiner Blog-Serie über CDF:

Caspar Davids Sachsen-Spuren (1): In der Albertina

Caspar Davids Sachsen-Spuren (2): Im Kupferstich-Kabinett


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