Unsere Nachbarn auf dem Campingplatz El Bahira in San Vito Lo Capo haben die Liegestühle nach hinten geklappt. Strecken alle Viere von sich. „Dolce far niente!“, rufe ich über den Asphaltweg hinweg. Sie verstehen: „Deutsche far niente!“ Passt ja irgendwie auch.
Das süße Nichtstun – das war bislang nix für uns Deutsche. Das haben wir lieber den Italienern überlassen. Bei uns Deutschen aber genießen schon immer die Macher das größte Ansehen – so wie politisch die beiden Helmuts: Schmidt und Kohl.
Und bei uns Schwaben gilt ja sowieso der Schaffer am meisten. Nix tun – igitt, kommt gar nicht in Frage!
Jetzt aber werden wir zurückgeworfen. Sind Südländer wider Willen. Sind ratlos. Was sollen wir denn nun aber auch machen? Nix zu tun – das haben wir schließlich nicht gelernt. Damit kommen wir nur schwer zurecht.
Meine drei guten alten gedruckten Kreuzworträtselhefte sind fast komplett ausgefüllt. Auf diese Art und Weise habe ich eine Menge österreichische Bezirksvororte in allen Bundesländern kennengelernt. Gottseidank habe ich ja noch ein paar Hundert Rätsel auf meinem Handy oder iPad.
Was könnte man sonst noch tun? Ach ja: Lesen! Da kann man dann später beweisen, daß man zum Bildungsbürgertum gehört. Daher für alle, die es noch nicht verschlungen haben, ein Buchtipp: „Die Hauptstadt“ von Robert Menasse – eine exzellente (zum Teil-)Satire über die EU, voll fantastischem Hintergrundwissen, oft bitterbös, aber stets mit einer Grund-Sympathie für die handelnden Personen (und auch die Europäische Union) geschrieben.
Plötzlich fällt mir ein (und auf): Einen ganzen Roman in zwei Tagen durchzulesen – wann ist mir das je gelungen? Ich weiß es nicht. Vielleicht in meiner Karl May-Phase in der Pubertät…
Also nehme ich unseren ausgezeichneten Sizilien-Reiseführer nochmals zur Hand: Thomas Schröder hat ihn für den Michael Müller Verlag geschrieben: ungeheuer kompetent, authentisch, glaubwürdig. Er hat uns in Palermo und während unserer abgebrochenen Pilgerwanderung auf der Magna Via Francigena gute Dienste geleistet. Auch er ist eine absolute Empfehlung von mir. Auch wenn ich hier in unserer Quarantäne auf dem (ebenfalls darin beschriebenen) Camping El Bahira mit weiten Teilen nix anfangen kann: Geographie, Geschichte, Traditionen, Küche, Brauchtum, Literatur – all das ist ja auch interessant, wenn man wie zurzeit nicht annähernd in Reichweite von Museen, Tempeln und Kirchen kommt.
Man könnte aber auch mal wieder die Losungen der Herrenhuter Brüder zur Hand nehmen. Für heute, Montag, 16. März 2020, steht darin: „Ich rufe zu Gott, dem Allerhöchsten, der meine Sache zum guten Ende führt.“ Psalm 57, Vers 3. Passt ja auch in eine Situation, in der wir nicht wissen, ob und wann wir nach Hause können und was uns da erwartet.
Ach noch was: Man könnte ja auch einen Blog schreiben, damit alle sehen, daß man kreativ ist und sich nicht etwa faul nur die Sonne auf den Bauch scheinen läßt.
Apropos Sonne: Man könnte jetzt auch einfach runter zum Strand gehen, über den Golf von Macari aufs Meer hinaus schauen, seinen Gedanken nachhängen und Nichtstuns einfach zugucken, wie die Sonne untergeht.
Deutscher, fa niente!