Manchmal muß man auch durchschnaufen. Auch und gerade auf einer Fernwanderung. Und genau das haben wir uns bei der heutigen „Etappe“ gegönnt.
Der halbe Ruhetag gestern hat uns sehr gut getan. Am Nachmittag hatte ich schon wie bewusstlos geschlafen, auch die Nacht in Josephines Appartements Alle Erbe war prima.
Und dann meinte Josephine auch noch, wir müssten doch nicht etwa zu Fuß zu unserem Tagesziel am Sella Carnizza – sie bringt uns schon hin. Schon gestern hatte sie uns ja ein Quartier in der Baita Al Taj bei ihrer Freundin Maria besorgt.
So können wir den Tag ganz locker angehen. Josephine führt uns zunächst noch (vorbei an den Bohnen- und Kräuter-Feldern ihrer Tochter) zum Naturparkzentrum nach Prato di Resia. Wir haben ja eigentlich keine Zeit, schnuppern aber dennoch rein, und ich kaufe mir (nachdem ich endlich eins gefunden habe, das passt) ein T-Shirt vom Naturpark Julische Voralpen das musste jetzt sein. So gut gefällt es mir hier.
Josephine ist eine sehr bedächtig Autofahrerin, erzählt viel, zeigt uns auch den Wasserfall vom Monte Musi bei Lischiazze, der das ganze Teil mit Trinkwasser versorgt, und so kommen wir dann nur langsam hinauf in das Hochtal.
Wir passieren langsam Bekannte Josephines aus dem Tal, und da kurz danach das Ortsschild auftaucht, schießt einer von ihnen ein Gruppenfoto von uns.
Bei Maria lassen wir uns noch unser Quartier (eine renovierte Almhütte mit einem Doppelzimmer, einem Massenlager und viel Kitsch und Schnickschnack als Dekoration: vom Holzski über diverse Engel bis zum Tischofen) zeigen, trinken noch einen Kaffee mit Josefine, verabschieden uns und gehen dann noch zur kleinen Kirche, deren Namenspatronin die Heilige Anna ist, deren Fest heute gefeiert wird.
Allerdings sind wir etwas spät dran: Das Anna-Kirchlein ist schon voller Einheimischer, es stehen auch zig Leute draußen, wir kriegen nicht viel mit und gehen daher zurück.
Marias Bar in der Baita Al Taj füllt sich mehr und mehr: Viele Familien aus dem Tal nutzen das herrliche Sonntagswetter für einen Ausflug auf die frühere Alm, deren Hütten im Gegensatz zu vielen anderen in den vergangenen Jahren wieder instand gesetzt wurden. Da braucht Maria tatsächlich ihre beiden Nichten als Hilfe.
Am Abend zeigt sie uns dann den großen Topf, in dem sie Polenta zu bereitet hat. 50 Portionen. Strahlend weist sie auf den festgebackenen Rest: „Das waren früher unsere Popcorns oder unsere Cornflakes!“ Sie hätten als Kinder die Kruste immer in Milch eingetunkt: „Mmmmmh!“
Die Nacht bricht herein, und wir sehen, dass sich im letzten Sonnenschein noch ein einsamer Radler den Pass hochgekämpft hat: Das ist Lehel, ein gebürtiger Rumäne, der nun in Dornbirn eine Ausbildung als Betreuer von Menschen mit Handikap macht. Er war mit einer Freizeit mit diesen Menschen in Lignano an der Tagliamento-Mündung ins Mittelmeer.
Heute Morgen ist er mit seinem Rennrad von dort aus gestartet. 170 Kilometer hat er schon in den Knochen. Bei Maria will er sich eigentlich nur ein paar Sandwiches holen. Doch dann kommen wir ins Reden: über den Beruf, über Rumänien, über den Sozialismus, übers Campen – und dann hat er doch keine Lust mehr, weiter nach Slowenen zu strampeln. Stattdessen schlägt er sein Zelt vor unserer Hütte auf und radelt morgen weiter.
In etwa fünf Tagen will er dann zu Hause in Tirgu Mures sein. Sowas wäre nichts mehr für mich.
Erlebt am 28. Juli 2018
Informationen zur Region: http://www.turismofvg.it
1 Kommentar
Via Transalpina (12): Sella Carnizza – Rifugio Montemaggiore – Jürgen Gerrmann · Dezember 16, 2020 um 7:33 pm
[…] Die Etappe zuvor könnt Ihr ganz einfach auf meinem Blog nachlesen – und zwar hier. […]
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