Drei Wochen lang hat das Festival Kulinarik und Kunst in St. Anton am Arlberg ein Glanzlicht nach dem anderen aufleuchten lassen. Die letzten Gerichte sind längst abgetragen, aber ganz vorbei ist K. und K. am Arlberg nicht. In Abwandlung einer Erkenntnis Friedrich Hölderlins könnte man sagen: Was aber bleibt, stiften die Bildhauer.
Das gilt speziell für den Skulpturenweg rund um den romantischen Verwallsee, zu dem man nur per Bus, Bike oder auf Schusters Rappen kommt. Mit dem eigenen Auto freilich nicht.
Und das ist auch gut so. Denn so hat man viel mehr Muße, sich auf die einzelnen Skulpturen einzulassen. Man muß nicht schnell vorbeizusehen, sondern kann die Dinge auch im Detail betrachten und sich ein eigenes Bild und seine eigenen Gedanken machen.
Begeben wir uns also auf einen Rundgang. Und starten an der Bushaltestelle.
Gleich zu Beginn des Rundgangs fallen einem die Engelsgestalten von Lukas Pittl auf. „Schöne Momente“ nennt der Tiroler sie selbst. Und das nicht ohne Grund: „Sie sollen jeden daran erinnern, sich an schönen Momenten zu erfreuen.“
Denn das ist sein großes Ziel: Momente, Gedanken und Gefühle in Holz zu schnitzen und dadurch in einen Dialog mit dem Betrachter zu treten. Am Verwallsee ist dem 33-Jährigen, der in Mils bei Hall lebt und seine Ausbildung an der Schnitzschule in Elbigenalp im Lechtal im Außerfern erlernte, dies geradezu genial gelungen.
Dass dem frischgebackenen Bildhauermeister (im Juni hat er sein großes Ziel erreicht) wichtig ist, selbst glücklich und zufrieden zu sein, wenn ein Werk fertig ist, spürte man am Verwallsee schon im Entstehungsprozess. Unverkennbar: die Leidenschaft, die hinter seiner Arbeit steckt.
Der nächste Künstler, der einem da auf einem Spaziergang im Uhrzeigersinn begegnet, ist Matthias Roth. Der aus Fulda stammende Münchner hat die drei Wochen K. und K. intensiv genutzt, um die Frucht des Lederhülsenbaums, die er beim Joggen an der heimatlichen Isar entdeckte, groß in Holz zu transformieren und damit auch zu demonstrieren, daß Kunst aus der Natur schöpfen kann und Natur andererseits selbst Kunst ist.
Über Matthias Roths Arbeit haben wir hier im Blog ja ausführlich berichtet, vielen Dank, daß er uns auch ein Foto vom Endzustand der Skulptur überlassen hat! So können sie also Besucher des Skulpturenwegs heute erleben:
Schon aus den ersten K. und K.-Jahren stammt die eindrucksvolle Pilgerin des Tirolers Rudi Schwarz, die einen als nächstes in den Bann schlägt: Aufbruch, Sehnsucht, Gottvertrauen – all das verkörpert sie.
Den Odenwald hat Martin Hintenlang ins Verwall (jene Gebirgsgruppe also, die sich Tirol und Vorarlberg teilen) gebracht. Dessen Sandstein wirkt auch in der eher rauhen Umgebung warm, seine Skulptur der liegenden Frau schmiegt sich so in die Natur so wie eine liebende Frau an ihren Partner.
Sein eigentliches Kunstwerk kommt freilich erst, wenn man den Verwallsee zur Hälfte umrundet hat: Es sind gefallene Engel, zum Teil ins Erdreich versunken, aber auch sie die Sehnsucht widerspiegelnd. Ihre Flügel haben sie noch nicht verloren. Und ja: Sie scheinen sich sogar zu küssen. Sogar in der Werkphase, kurz vor der Vollendung, berührt einen das zutiefst.
Die Runde um den Verwallsee ist ein höchst unterhaltsamer, aber auch inspirierender Spaziergang, der immer wieder Anstöße zum Gedankenaustausch gibt. Vielleicht sogar an dem schönen Spielplatz, in dem Kinder nach Herzenslust herumtoben können.
Die Zeit vergeht im Grunde viel zu schnell, bis man am anderen Ufer wieder Matthias Roths Freiluft-Atelier sieht. Und man ist schon gespannt, ob und wie sich der Skulpturenweg bei der nächsten Auflage von K. und K. am Arlberg weiterentwickelt. Da werden sich „Macher“ und Spiritus rector Axel Bach vom Hotel Tannenhof und Kurator Peppi Spiss ganz sicher rechtzeitig ihre Gedanken machen.
Ein toller Anfang ist auf jeden Fall gemacht.
Informationen zum Festival: https://www.kulinarikkunst.org/
Informationen zum Ort: https://www.stantonamarlberg.com/de