Die zweite Etappe auf dem Schluchtensteig steht an. Dazu müssen wir aber erstmal vom Schwarzwaldhof Nicklas in Holzschlag wieder hinunter zur Wutach. „Reine Routine“, denke ich. Und werde überrascht. Und zwar höchst positiv. Die erste beiden Kilometer dieser Etappe verlaufen auf einem traumhaften schmalen Saumpfad, der zum Teil fast zugewachsen ist. Hier dürften also keine Volksmassen gehen. Aber das macht in Verbindung mit den urigen Steinplatten, die spüren lassen, dass der Weg schon Jahrhunderte alt sein muss, seinen Reiz und Zauber aus.
An der Stallegger Brücke kommen wir wieder zur Wutach. Und begegnen erneut der Geschichte. Das Bauwerk mit dem Holzdach erfüllte nämlich in alter Zeit eine wichtige Funktion: Holz wurde aus dem Schwarzwald heraus- und Korn hereingebracht. Deswegen war die Brücke auch strategisch wichtig – was zur Folge hatte, dass sie gleich mehrmals bewusst zerstört wurde. Im 30-jährigem Krieg zum Beispiel. Oder auch 1848, als auf der einen Seite die badischen Revolutionäre unter Friedrich Hecker (der später in den USA für die Abschaffung der Sklaverei kämpfte und im Bürgerkrieg mitmischte) und auf der anderen Seite die württembergischen Dragoner lagen.
Nur ein paar Hundert Meter weiter tauchen wir dann in die Industriehistorie ein: Das Wasserkraftwerk Stallegg war das erste seiner Art in Baden. Der Fürst von Fürstenberg hatte 1891 die Internationale Elektrotechnische Ausstellung in Frankfurt besucht und dort erfahren, dass es nun möglich war, Strom auch über große Entfernungen zu transportieren. Er war gleich ganz vernarrt in die neue Technik, und da in seinem Territorium für ein solches Projekt nur die Wutach in Frage kam, ließ er sie aufstauen und in Donaueschingen fast 3500 Lampen in Wohnungen und am Straßenrand aufstellen. Am 6. Oktober 1895 brach dann dort die neue (elektrische) Zeit an. Seine Brauerei wurde übrigens schon zuvor als allererste mit der neuen Energie versorgt.
Weil die Wutach hier aufgestaut ist, macht sie für einen knappen Kilometer flussaufwärts einen sanften, besser gesagt gezähmten, Eindruck. Dann aber entfaltet sie wieder ihre Wildheit. Sie ist hier auch schmäler als all die Kilometer zuvor, und vom Rechenfels aus kann man genießen, wie der Wildbach rauscht. Ein beeindruckendes Schauspiel.
Hinzu kommt, dass eine Menge Baumstämme im Wege liegen. Aber das muss und soll nicht negativ zu verstehen sein. Die Fürstenbergischen Forste haben dafür gesorgt, dass der Weg begehbar ist, wenn auch manchmal schwierig. Doch die Mächtigen alten Baumstämme dürfen liegen bleiben, auch wenn der Borkenkäfer sichtlich an ihnen nagt. Schön, dass hier die Natur in Ruhe gelassen wird, so lang und so weit es geht. Großes Lob an die Förster hier!
Es gießt immer mehr, und so wollen wir nicht die Helden spielen und nehmen für die letzte (zackige) Steigung und die letzten fünfeinhalb Kilometer den Bus.
Ein schlechtes Gewissen müssen wir deswegen nicht haben. Denn wer den Schluchtensteigbu, kriegt die Konus-Karte mit dazu. Mit der kann man alle öffentlichen Verkehrsmittel kostenlos benutzen und muss nicht, koste es, was es wolle, gnadenlos „durchbeißen“, bis einem die Lust am Wandern vergeht.
Und so bringt uns der Bus ganz entspannt zum „Hirschen“ nach Fischbach. Einem Naturpark-Hotel, wo sich die Familie Keßler schon seit 80 Jahren um gepflegte regionale Gastlichkeit bemüht. Hinzu kommt auch noch der Einsatz für Energiesparen und Nachhaltigkeit. Deswegen bekam das Hausja auch vor zwei Jahren von Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller ein entsprechendes Zertfikat überreicht.
Strecken–Stenogramm (gesamte Etappe):
Start: Holzschlag
Ziel: Fischbach
Länge: 16,5 Kilometer
Reine Gehzeit: sieben Stunden
Höhenunterschiede: 660 auf, 350 Meter ab