Das Faszinierende an der Mandrone-Hütte ist nicht zuletzt der Blick, den man von dort auf den gleichnamigen Gletscher hat.
Er gehört zum Adamello-Massiv, und schon beim Abendessen kann ich den Blick kaum von dem Gletscherbach wenden, der dort unablässig sprudelt und mit einer Urgewalt ins Tal schießt, daß man auf keinen Fall unter einem dieser Wasserfälle, die er unterwegs immer wieder mal bildet, stehen und stecken möchte. Dann wäre es wohl vorbei mit einem.
Auf der anderen Seite kann man sich kaum vorstellen, wieviel Wasser in diesem Gletscher schlummert, obwohl er auf dem Rückzug ist und seine Oberfläche in den vergangenen hundert Jahren von 3000 auf 1700 Hektar verkleinert hat.
Der österreichische Forscher Julius Payer (ein Böhme, der 1874 mit einer Expedition die später Franz-Josefs-Land genannte Region am Nordpol als erster bereiste) – https://de.wikipedia.org/wiki/Julius_von_Payer hat sich schon Mitte des 19. Jahunderts diesen beiden Gletschern zugewandt (das Trentino gehörte damals zu Österreich-Ungarn) und seine Beobachtungen so genau dokumentiert, daß die Forscher von heute noch viel damit anfangen können.
Es werden aber auch nicht die dunklen Seiten ausgeklammert. Und die liegen im so genannten „Großen Krieg“ (wie die Italiener zum Ersten Weltkrieg sagen). Hier am Adamello wurde die erste Schlacht der Weltgeschichte auf einem Gletscher geschlagen (ein unrühmlicher Superlativ), man grub einen fünf Kilometer langen Tunnel ins Eis, der die beiden Gletscher verband, die Österreicher zerlegten schwere Skoda-Kanonen in ihre Einzelteile und schraubten sie oben wieder zusammen, hier an der Alpenfront starben 60 000 Menschen, nicht nur durch Geschosse, sondern auch durch Krankheiten und Lawinen.
Die Kollegen von der „Welt“ haben dazu eine beeindruckende Bildergalerie fürs Netz gemacht. Von Orten, denen wir auf der Via Pensionist immer wieder begegnen: https://www.welt.de/geschichte/gallery125192303/Die-Kaempfe-an-der-Alpenfront.html
Wie schön, daß nun derer, die sinnlos starben, gemeinsam gedacht wird…
Aller Frust hilft da nichts. Wir müssen durch. Und endlich kommen wir zu einer Brücke, überqueren sie, harren dort noch eine Viertelstunde triefnaß im Regen aus, können dort bei Ragada endlich einen Bus anhalten und die Schönheiten des Val Genova (das für mich zu den schönsten Tälern gehört, die ich kenne) leider nur vom Pullmann aus genießen.
Über Carisolo schlagen wir uns nach Pinzolo durch und nehmen dort im Hotel Dolomiti Quartier. Einem alten Kasten mit anscheinend nur unwesentlich jüngeren Gästen. Aber erstens: Was will ich als Jung-Renter dagegen sagen? Und zweitens: Unser (großes) Zimmer hat eine (große) Badewanne. Und in der können wir uns erstmal herrlich aufwärmen. Und die Krönung des Tages ist dann ein ausgezeichnetes Abendessen.
Gegangen am 10. August 2017
Geschrieben am 16. August 2017
Start an der Mandrone-Hütte: 8.30 Uhr
Einstieg in den Bus: etwa 16 Uhr
Höhenunterschied: 1200 Höhenmeter bergab
Übernachtung: Hotel Dolomiti in Pinzolo; mit dem Charme einer untergegangen Zeit; sehr freundliche und hilfsbereite Gastgeber; sehr gute Küche; http://www.hotelpinzolo.it/inverno/index.php?pag=hotel&lang=ger
Dazu ist folgendes sehr interessant (nämlich ein Urteil aus dem Jahre 1875): http://www.hotelpinzolo.it/inverno/index.php?pag=origini&lang=ger
Informationen zur Region gibt es unter https://www.visittrentino.info/de