„Der Wanderer über dem Nebelmeer“, der Teschener Altar, „Kreidefelsen auf Rügen“ – das sind Gemälde Caspar David Friedrichs, die sich tief ins Bewusstsein, aber auch die Seele vieler Menschen eingegraben haben. Was vielen indes nicht bewusst sein dürfte: Sie entstanden keineswegs (um es salopp zu formulieren) „aus dem Handgelenk“, sondern erforderten akribische Vorarbeit. Wie die aussah, davon kann man sich noch bis 17. November 2024 bei einer tollen Ausstellung im Kupferstich-Kabinett im Dresdner Residenzschloss ein detailliertes Bild machen.

Diese Ausstellung ist in engem Zusammenhang mit der von Holger Birkholz kuratierten Schau „Caspar David Friedrich – Wo alles begann“ (noch bis 5. Januar 2025 in der Dresdner Albertina) zu sehen. Birkholz‘ Kupferstich-Kollegin Petra Kuhlmann-Hodick präsentiert mit einem ebenfalls sehr beeindruckenden Konzept den „Urgrund des Schaffens“ (so die Kuratorin) von Caspar David Friedrich: den „unendlichen Motivschatz“ seiner Zeichnungen.

Ein Schatz, der lange Zeit im verborgenen lag und nun erstmals im 21. Jahrhundert in einer großen Schau von rund 140 Zeichnungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird: 1991 fand (so Stephanie Buck, die Direktorin des Kupferstich-Kabinetts) die in Mannheim die bis dato letzte große Ausstellung statt, die Caspar David Friedrich den Besuchern als Zeichner vorstellte.

„Der Künstler muss selbst senen Weg finden“, lautete einer der Grundsätze des großen Malers der Romantik, denen man in dieser Schau in vielfältiger Art und Weise begegnet. Und  „CDFs“ (wie er in Dresden auch liebevoll genannt wird) Weg kann man hier überaus eindrucksvoll Schritt für Schritt nachvollziehen – von den Schönschreibübungen aus der Jugend  („Wer nicht gehorchen lernt, lernt auch in der Folge nicht, auf eine vernünftige Art befehlen“ )bis hin zur zeichnerischen Basis von Meisterwerken wie „Zwei Männer beim Betrachten des Mondes“, das in dieser Ausstellung auch im Original vertreten ist.

Von der (Schönschreib-)Übung…

… zur Meisterschaft („Zwei Männer in Betrachtung des Mondes“).

Ein weiteres wichtiges CDF-Prinzip: „Der Maler soll nicht bloß malen, was er vor sich sieht, sondern auch, was er in sich sieht.“ Und das hat bei ihm wohl zuvörderst dazu beigetragen, dass sich seine Bilder in den Herzen so vieler Menschen widerspiegeln und ihre Seele bereichern. Nicht zuletzt die berühmten „Kreidefelsen von Rügen“, die CDF in seiner vorpommerschen Heimat so intensiv studiert und gezeichnet hat,

Die Stubbenkammer auf Rügen mit ihren berühmten Kreidefelsen hat Caspar David Friedrich am 21. Juni 1801 in seinem „Rügener Skizzenbuch“ festgehalten.

Ein weiterer Ratschlag Caspar Davids an seine Epigonen: „Betrachte die Form genau – die kleinste wie die große!“ Die unendliche Liebe dieses Künstlers zum Detail, die Ernsthaftigkeit, mit der er sich auch den kleinsten Dingen (bis hin zum Eichenblatt oder der Fichtennadel) widmet, spürt man auf jedem einzelnen der zahlreichen Skizzenblätter, die man hier betrachten kann – unter anderem bei den Baumstudien, die er im „Krippener Exil“ während der napoleonischen Besetzung Dresdens in der Gegend von Bad Schandau anfertigte.

Inspiration am Wegesrand: eine der vielen Baumstudien Caspar David Friedrichs.

Doch das penible Skizzieren, das genaue Dokumentieren, die exakten Notizen zu Rahmenbedingungen wie Licht und Schatten, dem richtig platzierten „goldenen Schnitt“ oder den Farben der in der Natur zum jeweiligen Zeitpunkt, wegen denen CDF laut Petra Kuhlmann-Hodick stets unverzichtbar bei sich trug, hatte letztlich nur ein Ziel: „Vor der Staffelei mußt Du es fühlen, was schön ist!“

Zeitlose Schönheit: CDFs Pinselzeichnung des Felsentores im Uttewalder Grund (heute ein beliebtes Wanderziel in der Nähe der Bastei).

Die beiden Ausstellungen in Dresden nehmen einen mitten hinein in diese Gefühlswelt. Und lassen einen zugleich spüren, wie viel harte Arbeit dahinter steckt, wenn man Herz und Seele der Menschen zu erreichen vermag. Nicht zuletzt das dürfte das Geheimnis der geradezu magnetischen Anziehungskraft sein, die die Bilder dieses großen Künstlers auch noch mehr als zwei Jahrhunderte nach ihrer Entstehungszeit ausüben. Heute wirkt sie sogar noch (weit wesentlich) mehr als damals, als der heute so populäre Künstler stets ums finanzielle Überleben kämpfen mußte. Das zeigt der Riesenerfolg der drei großen CDF-Retrospektiven dieses Jahres in Hamburg, Berlin und Dresden, die Hunderttausende anlockten und in der Kunsthalle der Hansestadt mit einem Besucherrekord verbunden war.

Hat die beeindruckende Ausstellung im Kupferstichkabinett des Dresdner Residenzschlosses kuratiert: Petra Kuhlmann-Hodick.

Dresden ist nun die letzte Chance, in diese unvergleichliche Welt der Malerei und auch Zeichnung einzutauchen.

Prädikat: Absolut empfehlenswert!

INFOS

Caspar David Friedrich. Der Zeichner läuft noch bis zum 17. November 2024 im Kupferstichkabinett im Residenzschloss in Dresden (Eingang in der Sophienstraße). Geöffnet: täglich (außer Dienstag) von 10 bis 18 (donnerstags bis samstags von 10 bis 21 Uhr (montags geschlossen).

Der Katalog zu den Ausstellungen in Albertina und Kupferstich-Kabinett (432 Seiten/48 Euro) ist im Sandstein Verlag in Dresden erschienen.

Die Landschaft der Sächsischen Schweiz war die große Inspiration für Caspar David Friedrichs Schaffen. Frank Richter hat für den Sandstein Verlag einen tollen Wanderführer (192 Seiten/18 Euro) geschrieben.

Alles über das Museum und die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden erfährt man hier: www.skd.museum.

Touristische Informationen zur Region gibt es bei

Dresden Marketing

Tourismus Marketing Sachsen

Tourismusverband Sächsische Schweiz