Lange war die Anreise nach Albanien, in dessen Norden wir uns auf den Weg über die Peaks of the Balkans machen wollen. Aber auch voll schöner Erlebnisse. Doch wir wollen uns nicht gleich ins Abenteuer stürzen, sondern uns zuerst in der Bezirksstadt Shkoder akklimatisieren und auf Land und Leute einstimmen.
Das Hotel Kaduku liegt im Herzen der Stadt, deren Wurzeln 2400 Jahre zurückliegen und die auch Shkodra genannt wird – fast genau am Platz der Demokratie mit dem Theater. Bei 31,50 Euro mit Frühstück pro Person, will ich nicht über das eher kleine Zimmer klagen, zumal das Frühstück reichhaltig und das Personal sehr freundlich ist. Ohnehin sind wir ja kaum da, weil die Stadt einfach zu faszinierend ist.
Der etwas merkwürdige Name unserer Unterkunft stammt übrigens von einer Zahnarzt-Dynastie, die hier residierte. Ein sehr freundlicher älterer Herr mit angenehmer Stimme stellt sich uns kurz nach unserer Ankunft als deren Sproß vor. Allerdings ist er als Mathematiker etwas „aus der Art geschlagen“. Er freut sich sehr, Gäste aus Österreich und Deutschland zu haben, kann er doch dadurch mal wieder deutsch reden.
Shkoder ist eine pulsierende, lebendige Stadt, die uns begeistert. Hier kann von einem Ladensterben keine Rede sein, selbst in den Nebenstraßen reiht sich ein Geschäft ans andere, allerdings immer mal wieder unterbrochen von jeder Menge Bars, Restaurants, Cafés und Kneipen.
Mich faszinieren allerdings auch die zerbröselnden Beton-Wohnklötze aus der Aera Enver Hodschas, des legendären Diktators Albaniens. Selbst wenn der Balkon in nicht allzuferner Zukunft herunterzubrechen droht, versuchen ihn die Menschen hier liebevoll mit Blumen oder Gemüsepflanzen zu verschönern und wohnlich zu gestalten. Die kleinen Lädchen im Erdgeschoß sind noch gut besucht, und auch ich kaufe ein Kilo Kirschen für 1,80 Euro – und wünsche den Krämern, daß sie noch möglichst lange durchhalten, bevor sich die großen internationalen Ketten (nicht zuletzt aus deutschen Landen) hier vollends Bahn brechen.
Der ganze Stolz von Shkoder ist die Rozafa – und wir erklimmen da natürlich ebenfalls die uralte Festung, um den herrlichen Blick auf die Stadt, aber auch den Zusammenfluß von Buna und Drina und den Shkodra (oder Skutari)-See zu genießen.
Arco, unser Hund, wandelt wie üblich gerne am Abgrund, denn man kann direkt auf den Kronen der Mauern, die noch stehengeblieben sind herumspazieren – ohne jede Sicherung wohlgemerkt. Noch keiner ist hier wohl auf die Idee gekommen, sie wie bei uns sicherheitshalber zu sperren.
Begeistert bin ich aber auch von einer funktionierenden, lebendigen Fußgängerzone, auf der Menschen gern flanieren, ohne sich (wie in den leider immer mehr in Mode kommenden „Begegnungszonen“) dauernd vor Autos in Sicherheit bringen zu müssen. Und die auch drei unterschiedliche Beläge hat statt des Einheitsgraus des Granits in Deutschland und Österreich.
Apropos Fußgängerzone: Das National Museum der Fotografie mit den Schwarz-Weiß-Aufnahmen der Fotografen-Dynastie Marubi, deren Gründer im 19. Jahrhundert aus Italien hierher einwanderte, ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Von der ausklingenden osmanischen Zeit über die Republik und die kurze Phase der Monarchie bis zur italienischen Besatzung, den Psartisanenkampf und die ersten Jahre Enver Hodschas Herrschaft im Zeichen des Kommunismus spiegelt sich hier die Geschoichte Albaniens wider.
Nach des Platzes der Demokratie entdecke ich ein kleines Straßencafé mit Bio-Eis. Hinter der Theke steht ein Albaner, der lange in Verona gearbeitet und dort wohl exzellente Lehrmeister beim Eismachen hatte. Es schmeckt hervorragend, kostet umgerechnet nur 1 Euro pro Kugel, und Christine genießt den frisch gepressten Orangensaft, den sie sich zusätzlich zu ihrer Kugel Eis gönnt. Ich schlage intensiver zu und vertilge gleich vier Kugeln.
Doch in meinem Bauch ist durchaus noch Platz für ein gutes Abendessen im Restaurant Puri, das zwar äußerlich nicht viel hermacht, aber trotzdem tolle albanische Küche auf den Tisch bringt. Meine Fleischbällchen sind ganz hervorragend, und auch Christine schwärmt von Father’s Rice, auch wenn (oder weil) sie auf das dabei sonst übliche Fleisch verzichtet und eine Gemüse-Variante gewählt hat.
Und wir merken gleich zu Beginn unserer Reise: Die albanische Küche, die hast schon was…
Mein heißer Reiseführer-Tipp für dieses wunderschöne Land: Ralph-Raymond Brauns im Michael Müller Verlag erschienenes Buch (auch mit ausführlichen Übernachtungstipps – einfach hier klicken.
Unseren Weg nach Shkoder könnt Ihr hier verfolgen: