Das Faszinierende an der Mandrone-Hütte ist nicht zuletzt der Blick, den man von dort auf den gleichnamigen Gletscher hat.

Er gehört zum Adamello-Massiv, und schon beim Abendessen kann ich den Blick kaum von dem Gletscherbach wenden, der dort unablässig sprudelt und mit einer Urgewalt ins Tal schießt, daß man auf keinen Fall unter einem dieser Wasserfälle, die er unterwegs immer wieder mal bildet, stehen und stecken möchte. Dann wäre es wohl vorbei mit einem.

Mandrone-Gletscher

Jetzt ist  weit entfernt, aber noch heute kann man an den abgeschliffenen Felsen sehen, wie groß der Mandrone-Gletscher einst war

Auf der anderen Seite kann man sich kaum vorstellen, wieviel Wasser in diesem Gletscher schlummert, obwohl er auf dem Rückzug ist und seine Oberfläche in den vergangenen hundert Jahren von 3000 auf 1700 Hektar verkleinert hat.

Es war ein Naturschauspiel, das die Menschen im 19. Jahrhundert faszinierte. der Mandrone-Gletscher (rechts) und sein Nachbar schienen nach ihrem getrennten Weg um den Gipfel zu verschmelzen. Heute kann man dies nur noch anhand der beiden Gletscherbäche nachvollziehen.

Vor 150 Jahren hat er sich schier mit seinem Nachbarn – dem Lobbia-Gletscher – vereinigt, die beiden Zungen haben einen Gipfel am Rande des Adamello umschlungen – das Bild war so spektakulär, daß es zum Motiv einer der weltweit ersten Landschaftsfotographien wurde.

Der österreichische Forscher Julius Payer (ein Böhme, der 1874 mit einer Expedition die später Franz-Josefs-Land genannte Region am Nordpol als erster bereiste) – https://de.wikipedia.org/wiki/Julius_von_Payer hat sich schon Mitte des 19. Jahunderts diesen beiden Gletschern zugewandt (das Trentino gehörte damals zu Österreich-Ungarn) und seine Beobachtungen so genau dokumentiert, daß die Forscher von heute noch viel damit anfangen können.

Ein kleines Museum erinnert an einen großen Mann: In der Payer-Hütte gibt es viele Informationen – leider nur auf Italienisch

Beispiele davon findet man in einem nach Julius Payer benannten kleinen Museum am Rand des Weges hinab ins Tal, aus dem wir auch die Informationen von oben haben. Schade nur, daß alles in italienischer Sprache gehalten ist und auch ich meine Schwierigkeiten habe, mich darin zu vertiefen.

Es werden aber auch nicht die dunklen Seiten ausgeklammert. Und die liegen im so genannten „Großen Krieg“ (wie die Italiener zum Ersten Weltkrieg sagen). Hier am Adamello wurde die erste Schlacht der Weltgeschichte auf einem Gletscher geschlagen (ein unrühmlicher Superlativ), man grub einen fünf Kilometer langen Tunnel ins Eis, der die beiden Gletscher verband, die Österreicher zerlegten schwere Skoda-Kanonen in ihre Einzelteile und schraubten sie oben wieder zusammen, hier an der Alpenfront starben 60 000 Menschen, nicht nur durch Geschosse, sondern auch durch Krankheiten und Lawinen.

Die Kollegen von der „Welt“ haben dazu eine beeindruckende Bildergalerie fürs Netz gemacht. Von Orten, denen wir auf der Via Pensionist immer wieder begegnen: https://www.welt.de/geschichte/gallery125192303/Die-Kaempfe-an-der-Alpenfront.html

Wie schön, daß nun derer, die sinnlos starben,  gemeinsam gedacht wird…

Da war’s noch gemütlich: die Bedole-Hütte am Ende (oder besser: Anfang) des Val Genova

Viele geht einem auf dem langen Weg hinunter ins Tal durch den Kopf. An der Bedole-Hütte, wo das Val Genova beginnt, gönnen wir uns noch einen Kaffee, bevor wir dann den gemütlicheren Teil in Angriff nehmen. In der Nähe der Sarca (wie der Gletscherbach nun heißt), machen wir in aller Gemütlichkeit Rast, Christine macht ein Nickerchen, alles scheint wieder prima zu sein.

So ein Nickerchen tut einfach gut

Etwas später entschließen wir uns, das Teersträßchen zu verlassen, auf dem immer wieder Busse fahren (ansonsten ist das Tal weitgehend verkehrsberuhigt) und auf den Sentiero Delle Cascate (Weg der Wasserfälle) zu wechseln. Der ist wahrlich spektakulär und wir bestaunen wieder die Wucht des Wassers, das sich da Bahn bricht.

Das letzte Foto, das noch möglich war: Nach diesem Wasserfall stürzte das Wasser nicht nur von den Bergen, sondern auch vom Himmel

Aber dennoch erweist sich die Entscheidung als fatal. Denn wir sind auf die rechte Seite der Sarca gewechselt, und es gibt kilometerlang keine Brücke. Was eigentlich nicht schlimm wäre – wenn nicht aus ein paar Regentröpfchen quasi im Handumdrehen ein handfestes Gewitter würde! Und zwar ein solches, bei dem an Fotografieren der herrlichen Natur nicht mehr zu denken ist und sich auch die so genannte „Regenkleidung“ binnen spätestens einer halben Stunde als Witz erweist.

Aller Frust hilft da nichts. Wir müssen durch. Und endlich kommen wir zu einer Brücke, überqueren sie, harren dort noch eine Viertelstunde triefnaß im Regen aus, können dort bei Ragada endlich einen Bus anhalten und  die Schönheiten des Val Genova (das für mich zu den schönsten Tälern gehört, die ich kenne) leider nur vom Pullmann aus genießen.

Über Carisolo schlagen wir uns nach Pinzolo durch und nehmen dort im Hotel Dolomiti Quartier. Einem alten Kasten mit anscheinend nur unwesentlich jüngeren Gästen. Aber erstens: Was will ich als Jung-Renter dagegen sagen? Und zweitens: Unser (großes) Zimmer hat eine (große) Badewanne. Und in der können wir uns erstmal herrlich aufwärmen. Und die Krönung des Tages ist dann ein ausgezeichnetes Abendessen.

Gegangen am 10. August 2017

Geschrieben am 16. August 2017

Start an der Mandrone-Hütte: 8.30 Uhr

Einstieg in den Bus: etwa 16 Uhr

Höhenunterschied: 1200 Höhenmeter bergab

Übernachtung: Hotel Dolomiti in  Pinzolo; mit dem Charme einer untergegangen Zeit; sehr freundliche und hilfsbereite Gastgeber; sehr gute Küche; http://www.hotelpinzolo.it/inverno/index.php?pag=hotel&lang=ger

Dazu ist folgendes sehr interessant (nämlich ein Urteil aus dem Jahre 1875): http://www.hotelpinzolo.it/inverno/index.php?pag=origini&lang=ger

Informationen zur Region gibt es unter https://www.visittrentino.info/de