Mit diesem Tag klingt mein Arbeitsleben nun auch hochoffiziell aus. Man sagt ja, das man es danach langsamer angehen lassen soll. Oder zumindest kann. Im Grunde also ideal für eine kurze Tour.
Vielleicht ist das ja aber eher eine Ausrede. Die eigentliche Tagesetappe der Gran Via Delle Orobie (GVO) ist mit siebeneinhalb Stunden angegeben. Das schaffe ich in meinem Alter und mit meinem (viel zu) schweren Rucksack nie und nimmer. Zumal (wie ich gelernt habe) die Zeitangaben des Alpenvereins auch hier so ein Fall für sich sind.
Also: Wir entscheiden uns für das Bivacco Zamboni als Ziel. Das soll ab dem Rifugio Passo San Marco 2000, wo wir herrlich geschlafen haben, nur zweieinhalb Stunden entfernt sein. Das Wetter ist wieder herrlich, wir haben die ideale Kombination erwischt: tagsüber Sonne, nachts Regen oder Gewitter.
Was mir nicht so in den Kram passt: Gleich mit einem Anstieg hoch zum Pass zu starten. Aber alles Grummeln nutzt ja nix: irgendwie muß ich ja rauf zum Passo San Marco. Als ich mich damit abgefunden habe, geht es auch gleich viel besser. Und oben staune ich: Gestern bin ich einfach an den Infotafeln vorbei gegangen, war einfach zu kaputt.
Jetzt lese ich, das hier oben Schützengräben und Beobachtungsposten ausgebaut wurden. Im Ersten Weltkrieg hattren die Italiener (nachdem sie die Fronten gewechselt hatten) wohl nicht nur Angst vor den k.und.k Österreichern, sondern fürchteten sich vor den Schweizern. Sie befürchteten, das die die Chance nutzen würden, sich das an Graubünden grenzende Veltlin zu schnappen (und die Region Domodossola am Simplon noch dazu). Also errichteten sie Festungsbauwerke, von denen in Deutschland (außer ein paar Militärfreaks) wohl niemand was wissen dürfte.
Wir müssen aber weiter aufsteigen. 60 Höhenmeter können da ganz schön beschwerlich werden, wenn es durch unwegsames Gelände geht. Oben auf der Passhöhe zeichnet Christine noch, danach müssen wir auf einem nur fußbreiten Pfad dem Kamm entlang. Da heißt es auf jeden Schritt aufpassen.
Von oben dachten wir: Wenn diese schwierige Passage gemeistert ist, geht nur noch eben dahin. Denkste! Was von oben flach aussah, geht eben dennoch immer wieder auf und ab. Hinzu kommt die Hitze. Gottseidank kommen wir an ein Mini-Bächlein direkt an einer Quelle. Wir füllen unsere Wasservorräte auf, und sogar unser so wasserscheuer Arco legt sich zum Mittagsschläfle direkt ins kühle Nass. Mich faszinieren derweil immer wieder die Blumen am Wegesrand.
Danach ist es im Grunde nur noch ein kurzes Stück bis zum Bivacco, allerdings mit einem unerfreulichen Intermezzo: Der Hund auf der Alm attackiert Arco übel, beißt ihm ins Genick, so dass er blutet.
Das merken wir allerdings erst später am Bivacco, das noch eine andere Überraschung für uns bereit hält: Es ist nämlich matratzenfrei. Das heißt: Wir müssten auf Holzlatten schlafen. Dazu habe ich als Rentner indes erst mal keinen Bock.
Zumal ich die Alternative direkt vor Augen habe: Nur 40 Höhenmeter tiefer steht das erst zwei Jahre alte Alpenvereins-Rifugio Marco Balicco. Da kann ich mein müdes Haupt immer noch betten.
Und so machen wir erst einmal auf Alpen-Wellness, steigen ins Tauchbecken direkt vor dem Bivacco, sonnen uns. Christine länger als ich, denn ich muß ja noch diesen Blogbeitrag schreiben. Auf der Terrasse vor dem Rifugio.
Gegangen und geschrieben: Montag, 31. Juli 2017
Start: 9 Uhr
Ankunft: 14.30 Uhr
Strecke: 7 Kilometer
Höhenmeter: 600 Meter auf und ab
Übernachtung: Rifugio Marco Balicco; erst zwei Jahre alt; Silvia und Luca sind zwei sehr nette Wirtsleute und kulturell sehr engagiert (immer wieder gibt es Konzerte auf der Wiese vor der Hütte); Homepage: http://www.rifugiomarcobalicco.it; Facebook: Rifugio Marco Balicco