Donnerstag, 29. August 2013: Aller guten Dinge sind 3. Und so wandern wir fröhlich vom Forsthaus im Kirnitzschtal, wo wir prächtig geschlafen haben, zunächst einmal den Flößersteig entlang Richtung Ostrauer Mühle. „Schwierig“ steht da auf den Wanderschildern, und wir schmunzeln zuerst. Was soll hier an diesem glasklaren Bächlein (wo sich früher übrigens selbst Lachse tummelten) schon schwierig sein? Im Prinzip tatsächlich nichts. Aber wir sind schon überrascht, daß wir hier (und zwar nicht ohne Grund) tatsächlich an Sicherungsseilen gehen müssen. Es kann zwar nicht so viel passieren wie an den Drei Zinnen oder sonstwo in den Dolomiten, aber unangenehm kann ein Sturz aus vergleichsweise geringer Höhe dann doch sein.

Nicht zu unterschätzen: der Flößersteig oberhalb der Kirnitzsch.

Am Campingplatz beginnt der Anstieg. Heute wartet nur einer auf uns. Das Profil ist völlig anders als in den Tagen zuvor. Keine Rucki-Zucki-Aktion, bei der man ins Keuchen kommt, an dieser Etappe ist Stetigkeit gefragt.

Und Schritt für Schritt kommen wir auch unserem ersten Ziel nahe: dem Schrammtor, das so aussieht, wie wenn sich die Karies erfolgreich zwischen zwei spitzen Zähnen eingegraben hat. Und die Felsen hier haben auch unten ganz witzige Formen: Einer erinnert mich an den Kopf eines Affens, der am Wegesrand auf uns wartet.

Wie von der Karies geschaffen: die zackigen Schrammsteine.

Die zerklüfteten Wände sind natürlich der ideale Platz für ein Foto-Shooting, und das lassen wir uns natürlich auch nicht entgehen: Christine und Arco sind in Hochform.

In Hochform: Christine und Arco beim Posing an den Schrammsteinen.

Ein paar Minuten nach dem Schrammtor ist allerdings Entscheidungsfreude gefragt. Der Jägersteig-Aufstieg sei „für große Hunde unpassierbar“, hat uns Yvonne Brückner vom Tourismusverband Sächsische Schweiz ins Wander-Stammbuch geschrieben. Sollen wir es machen wie in der Wolfsschlucht am ersten Tag unserer Test-Wanderung? Ein Gespräch mit Urlaubern, die schon länger hier sind, läßt uns ahnen: eher Nein.

Aber da oben muß es ja schon schön sein. Und so fällt die Entscheidung: Arco und ich bleiben unten, Christine, die Frau aus den Tiroler Bergen, geht oben rüber. Wir treffen uns, wenn der Umweg über den Elbleitenweg wieder den Malerweg kreuzt.

Doch das stellt sich als schwieriger dar, als gedacht. Der Weg, den Mann und Hund beschreiten, hat nämlich keinerlei Berührungspunkt mit dem Malerweg. Nirgendwo steht ein Hinweis auf den Jägersteig oder auch den „Zurückeweg“, der in unserer Wanderbeschreibung angegeben ist.

Der Himmel schickt mir ein älteres Wanderpaaar, das gerade rastet. Die beiden haben eine Karte bei sich. Wir beratschlagen zu dritt. Und stellen fest: Ich bin zu weit gegangen, muß wieder zurück. Und den Schrammsteinweg, den ich zuvor für irrelevant gehalten habe und deswegen weitergegangen bin, hinauf auf die Höhe. Da stehen dann auch wieder alle möglichen Ziele auf der Wandertafel – nur nicht die in meiner Wegbeschreibung.
Also frag ich alle, die an mir vorbeikommen, ob sie eine Frau im roten T-Shirt gesehen haben. Alle sagen Nein und gehen weiter. Und das ist mein Glück. Christine ist schon weiter, wird dann aber in kurzen Abständen gefragt, ob sie einen Mann mit Hund sucht. Und weiß daher, wo wir jetzt sind. Welch ein Glück! Wir sind wieder vereint! Und können gemeinsam weitergehen.Aber wie war’s denn nun eigentlich dort oben auf den Schrammsteinen? Hier Christines Bericht im Originalton:

„Über Steinleitern und -Treppen steigt der Weg steil hinauf bis zum Plateau hinauf, das eigentlich gar keines ist. Von dort oben führen gewundene Pfade vorbei an weiteren Felskegeln und -Kugeln und Felsen-Kunstwerken. Dann komme ich doch zu einem ebenen Platz, wo schon einige Leute sitzen, die so wie ich die traumhaften weite Landschaft hinaus übers Tal bis hinaus zum Horizont bewundern: die Felsränder, die sich in vielen Orgenpfeifen verlieren und dann in den Wald übergehen!

Von den Schrammsteinen hat man einentraumhaften Blick auf das Elbsandsteingebirge und sein Vorland.

Ich gehe weiter und wundere mich, daß man einfach so in den Abgrund schauen kann – ohne jeden Zaun oder sonstige Absicherung! Das ist fast so, wie in den Alpen herumzuklettern. Im Gegensatz zum Weg durch den Wald, wo ich immer gefroren habe, brennt die Sonne für mich angenehm warum auf die kalte Haut.

Der Wald hier oben besteht aus einzelnen verkrüppelten wilden Kiefern, Birken und kaum Gestrüpp auf dem blanken Felsen. Hinunter geht es dann wieder eher gemütlich.“

Von der Heiligen Stiege blickt man auf einen atemberaubende Felswelt.

Das Wetter ist wieder herrlich, und so machen wir uns weiter auf den Weg. Der Abstieg hinunter zum Sandloch wird wieder alpinen Dimensionen gerecht. Gut, daß wir uns auf der Heiligen Stiege festhalten können. Ohnehin geht es hier regelrecht sakral zu: Den Kleinen und den Großen Dom passieren wir ebenso wie die Hölle, der wir Gottseidank entrinnen. Und dann über den Affensteinweg wieder im Kirnitzschtal ankommen. Von dort sind es nur wenige Minuten bis zum herrlichen Biergarten am Lichtenhainer Wasserfall, wo wir uns noch einen Kaffee gönnen, bevor dann wieder die gestauten Fluten zu Tale gelassen werden.

Der große Moment: Der Lichtenhainer Wasserfall schießt hinab ins Kirnitzschtal.

Das muss ein großes Schauspiel werden, denn schließlich werden wir von den Klängen von „Conquest of Paradise“ (jener Melodie, zu der einst Henry Maske in die Box-Arenen einzumarschieren pflegte) darauf vorbereitet. Was dann aber kommt, gibt eher zum Schmunzeln Anlass. Mit den Niagarafällen oder auch nur mit den Krimmler Wasserfällen ist das wahrlich nicht zu vergleichen. Aber schön war es doch.

Im 19. Jahrhundert hätten wir es gemütlicher gehabt – und uns sogar im Sessel tragen lassen können.

Und ich entdecke dann auch noch an der Hütte am Wasserfall ein historisches Schild. 13 Kilometer und 600 Höhenmeter haben wir am Ende des Tages in den Knochen. Vor gut hundert Jahren hätten wir das einfacher haben und uns sogar in der Sänfte durch die Sächsische Schweiz tragen lassen können. Aber das wäre ja dann doch zu einfach gewesen.

 

Und so besteigen wir vor der uralten Ausflugsgaststätte wieder die romantische Straßenbahn, deren Endhaltepunkt hier seit eh und je ist. Vor 115 Jahren ist sie zum ersten Mal auf den acht Kilometern zwischen Bad Schandau an der Elbe und diesem nach wie vor populären Ausflugsziel gependelt, und ihr Ruckeln und Zuckeln und Quietschen ist uns an diesen beiden Tagen regelrecht ans Herz gewachsen und klingt wie Musik in unseren Ohren.
Am Forsthaus steigen wir aus. Unsere Testwanderung auf dem Malerweg ist zu Ende. Das Fazit: Wir können ihn nur empfehlen. Eine Gesamt-Einschätzung in Kurzform lest Ihr dann in der nächsten Folge des Blog.