Mittwoch, 28. August 2013: „Tri, tra, trullala“ – der wohl berühmteste Hohnsteiner verabschiedet uns, als wie die altehrwürdige Burg zur zweiten Etappe des Malerwegs verlassen: Kasperle. Mit dem Teufel und der Prinzessin vereint, winkt er uns zu, als wollte er uns einen guten Weg wünschen. Sogar auf der Pariser Weltausstellung spielte das von Max Jacob hier in der Burg gegründete Ensemble, das vielleicht gerade deswegen so beliebt war, weil der Hohnsteiner Kasper kein Tugendbold war, sondern Moralist der Tat war und seine Probleme nicht mit Prügel, sondern mit Witz und Einfallsreichtum löste.

Der berühmteste Hohnsteiner: Kasperle verabschiedet uns auf die zweite Etappe des Malerwegs

Aber auch hier spielt die dunkelste Zeit der deutschen Geschichte wieder mit hinein: Kasperle und seine Freunde (seien es nun Puppen, seien es Menschen) wurden aus der Burg vertrieben, als sie zum „Schutzhaftlager“ der Nazis umfunktioniert wurde (siehe den Blog-Eintrag zu Etappe 1 des Malerwegs).

Wir steigen ein Stück bergab und stoßen auch hier auf ein (zumindest für Tierfreunde) eher beklemmendes Zeugnis der Geschichte: Der Bärengarten, den Sachsens Kurfürst Christian II. 1609 hier einrichten ließ. Fast 200 Jahre lang wurde Meister Petz hier gefangen gehalten, um ihn dann bei Spektakeln in Dresden zu Tode hetzen zu lassen. Wahrlich kein Ruhmesblatt für Sachsens Annalen.

Kein Bild aus den Alpen, sondern aus der Sächsischen Schweiz: die „Steinmandl“ am Bärengarten bei Hohnstein

Liegt es am Mitgefühl vieler Wanderer, daß gerade hier die eher aus den Alpen oder gar dem Himalaya bekannten „Steinmandl“ in Hülle und Fülle aufgeschichtet sind. Fast scheint es so. Auf jeden Fall herrscht hier nach wie vor eine ganz besondere Atmosphäre. Auch Caspar David Friedrich hat übrigens das Eingangstor zum Hohnsteiner Bärengarten schon gezeichnet.

Aber nun genug der schlimmen Reminiszenzen. Auf eher gemütlichem Weg schreiten wir flott voran, genießen wieder die diversen Felsformationen, ohne große Höhenunterschiede kommen wir zum schon seit der Romantik berühmten Aussichtspunkt am Brand. Wir sind noch rechtzeitig da, um einen Platz ganz vorn auf dem „Balkon der Sächsischen Schweiz“ zu ergattern, von dem der Blick nicht nur in den Abgrund des Polenztales gleich unterhalb schweift,  sondern auch zu den Tafelbergen  in der Ferne. So lassen wir uns in der Ausflugsgaststätte die Kartoffelsuppe munden und wollen erst mal gar nicht so recht weiter.

Schon seit der Romantik berühmt: der Blick vom Brand zu den Tafelbergen überm Elbtal

Vermutlich weil uns die Wegbeschreibung schon auf eine wahre Tortur vorbereitet hat: 800 Treppenstufen soll es hinab in den Tiefen Grund gehen. Meine Knie melden sich da schon vorab. Aber es ist wie so oft: Wenn man die Dinge dann mal angeht, dann sind sie halb so wild. Schneller als erwartet sind wir unten im Tal. Was uns aber niemand gesagt hat: Sofort geht es dieselbe brutale Steigung auch wieder hoch. Aber auch hier hilft die alte Weisheit: Schritt für Schritt, Stufe für Stufe kommen wir dann doch oben in Waitzdorf an. Wir scheinen also doch ganz schön fit zu sein.

Von nun an ging’s bergab: Vom Brand ab sind es 800 Stufen bis hinab in den Tiefen Grund

Auf dem Waitzdorfer Rundweg wartet  dann auf eine geologische Besonderheit auf uns: Hier stoßen der vergängliche Elbsandstein und der scheinbar ewige Granit der Lausitzer Platte aufeinander. Grund also, auf diesem festen Fels mal auszuruhen und sich erneut dem herrlichen Blick hinzugeben.

Hier stoßen zwei Gesteins-Welten zusammen: Arco auf einem der letzten Felsen der Lausitzer Platte bei Waitzdorf

Märchenhaft kommen wir uns später im Kohlichtgraben vor: „Hänsel und Gretel verirtten sich im  Wald“ – dieses Lied aus meinen Kindertagen geistert mir immer wieder im Kopf herum, als wir durch dieses einsame Fleckchen Erde mit dem vielen Moos und den vielen Farnen und dem munter sprießenden Bächlein wandern. Idylle pur.

Wie im Märchen: der Kohlichtgraben erinnert an Hänsel und Gretel.

An der Kohlmühle spüren wir dann aber doch langsam unsere Waden. Das letzte Viertel der rund 20 Kilometer und 700 Höhenmeter von heute wartet auf uns. Und jetzt merken wir, dass uns diese Etappe (mal abgesehen von Arco, unsrem Super-Hund) doch auch gefordert hat. Aber da hilft uns eine Weisheit an einem sächsischen Gartenzaun an der Kohlmühle: „Nur heiter geht’s weiter!“

Willkommene Aufmunterung an einem Sächsischen Gartenzaun.

Und in dieser Stimmung  nehmen wir dann doch auch die letzte Steigung hinauf nach Altendorf. Dort stoßen wir auf Warnhinweise vor der Dorfklamm und entscheiden uns dann doch, diesmal den Warnhinweisen von Yvonne Brückner vom Tourismusverband Sächsische Schweiz zu folgen und dem Hund zuliebe dieses Teilstück zu umgehen.

Einst Forsthaus, jetzt Hotel: unser Quartier im Kirnitzschtal.

Bald sind wir unten im Kirnitzschtal und gönnen uns in der Gaststätte Flößerstube an der Ostrauer Mühle noch eine Brause. Die Haltestelle der romantischen Straßenbahnlinie ist ganz in der Nähe, und so entschließen wir uns dazu, uns die letzten beiden Kilometer zu schenken (zumal wir die morgen ohnehin wieder zurück müssen) und uns stattdessen eine Fahrt zum Forsthaus Kirnitzschtal zu gönnen, das für die nächsten beiden Tage unser (tolles) Quartier sein wird. (www.pura-hotels.de/hotel-forsthaus)